Ep.45 Der AIB Standard, Audits & Schädlingsbekämpfung – Teil 2

Im zweiten Teil des Interviews mit dem erfahrenen AIB-Auditor Thomas Auer geht es um die häufigsten Fehler der Schädlingsbekämpfung, die großen Einflüsse der Trendthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung und die Zukunft der Branche.

Nachdem Daniel und Thomas im ersten Teil des Interviews den AIB Standard, die Bewertungs-Metriken und Thomas Arbeit beim AIB besprochen haben, tauchen die beiden jetzt etwas tiefer ein. Zunächst geht es um den Einsatz elektronischer Rattenfallen. Mit Blick auf dieses Thema stellt Thomas eine hohe Zufriedenheit seiner Kunden mit solchen Produkten fest. Der erfahrene Auditor macht aber auch deutlich, dass der erfolgreiche Einsatz von elektronischen Rattenfallen sehr standortabhängig ist und mit Blick auf das Budget deutlich teurer als die klassische Gift-Lösung ist.

Deshalb kann er keine pauschalisierte Empfehlung aussprechen und sieht die Schädlingsbekämpfer in der Verantwortung, ihren Kunden unterschiedliche Lösungen aufzuzeigen und gemeinsam den individuell besten Weg zu finden.

Thomas ist einer der ersten ‚Talking Pest Management‘ Gäste, der auch selbst Fragen mitbringt und stellt Daniel die Frage, wo er über elektronische Fallen hinaus, Trends in der Branche sieht. Daniel denkt, dass der Bereich Integrated Pest Management in den nächsten Jahren noch deutlicher hervorgehoben wird. Große Betriebe sollten- und werden noch intensiveres Monitoring betreiben und auch dem Wartungs-Bereich mehr Bedeutung zuweisen.

IFS-Standard mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Im IFS-Standard sind laut Daniel in Zukunft neue Guidelines zu erwarten, die den Fokus noch intensiver auf die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung legen werden. Es wird verstärkt um digitale Fallen und digitale Dokumentationen gehen. Er betont zudem, dass es gerade großen Unternehmen wichtig ist, den eigenen „Fußabdruck“ zu verkleinern und sieht daher einer Abkehr von chemielastigen Lösungen, hin zu neuen, innovationsgetriebenen Anwendungen. Im Bereich digitaler Monitoring Lösungen würde es zum Beispiel viele Startups mit neuen Lösungen geben und auch in seinem eigenen Unternehmen wird dauerhaft daran gearbeitet, neue und innovative Produkte auf den Markt zu bringen.

Eine wichtige Rolle im Rahmen der Digitalisierung spielen auch Optimierung-Potentiale im Bereich der Effizienz. Wenn zum Beispiel 200 aufgestellte Boxen zukünftig 24/7 digital überwacht werden können, anstatt wie bisher von den Mitarbeitern händisch kontrolliert werden zu müssen, bedeutet das eine große Einsparung an Ressourcen. Auch wenn die Anschaffungskosten hoch sind, amortisieren sich diese laut Thomas recht schnell.

Mit Blick auf zuletzt durch die Pandemie verstärkt stattfindende Online-Schulungen und Weiterbildungen stellt Thomas fest, dass diese kein wirklicher Ersatz für Vor-Ort Veranstaltungen sind. Besonders wichtig im Rahmen seiner Schulungen sind immer auch die gemeinsamen Vor-Ort Besichtigungen mit den Teilnehmern. Nur vereinzelte Themen könnten rein digital besprochen werden.

‚Frequently done mistakes‘ der Schädlingsbekämpfung

Nach diesen Detail-Themen möchte Daniel nochmal den Blick ‚von oben‘ einnehmen und fragt Thomas, ob er sowas wie ‚frequently done mistakes‘ in der Branche sieht. Thomas hebt direkt den Bereich der Dokumentation hervor. Sicherheitszertifikate müssen gültig sein und Schulungen der Mitarbeiter aktuell gehalten werden. Alle Unterlagen müssen stets verfügbar sein, sonst führt es schnell zu einem Punktabzug. Fehler in diesem Bereich seien besonders ärgerlich, weil leicht vermeidbar.

In Richtung der Schädlingsbekämpfer macht Thomas deutlich, dass diese Ihren Kunden vernünftige Angebote machen sollen, und untermauert die Aussage mit einem Beispiel, in dem ein Anbieter fälschlicherweise eine sehr kostenintensive Blausäure-Behandlung vorgeschlagen hat, aber im Anschluss eine viel effektivere Lösung gefunden werden konnte.

Die schnellste Lösung ist laut Thomas längst nicht immer die günstigste oder sinnvollste. Im Bereich der elektronischen Fallen werden laut Thomas oft zu wenige Verstärker gekauft, da diese in der Anschaffung recht teuer sind. Daniel ergänzt beim Blick auf Verstärker, dass diese zukünftig durch Cellular-Technologie wie 4G oder 5G ‚stand alone‘ senden können und daher keine Verstärker mehr notwendig sein werden. Zusammenfassend stellt Thomas mit Blick auf die Nachhaltigkeit von Lösungen heraus, dass Unternehmen nicht auf den ‚letzten Cent‘ achten sollten.

Auch Allergene sind ein großes Thema im AIB, da der Standard keine Monitoring Köder gestattet, die anlocken oder Allergene enthalten, sondern nur synthetische Lösungen zugelassen sind. Hintergrund ist laut Thomas, dass diese keine Mäuse von außen anziehen sollen, daher sei ein minimaler Geruch wichtig, um nur im kleinen Umkreis eine Anlockung hervorzurufen. Im Außenbereich sei dies als reines Monitoring Produkt möglich, hier würde Thomas aber eher klassisch zum Gift-Köder oder zur Falle raten.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen

Zum Ende des Interviews blicken Daniel und Thomas auf gesetzliche Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Schädlingsbekämpfung. Daniel spricht die Risikominderungsmaßnahmen an, die zum Beispiel beim Gift-Einsatz gegen Nager zum Tragen kommen, vermutet hier in Zukunft weitere Verschärfungen und möchte von Thomas wissen, wie er dahingehend Berührungspunkte mit diesem Thema hat.

Thomas macht klar, dass gesetzliche Rahmenbedingungen den Audit immer beeinflussen. Besonders für kleine Schädlingsbekämpfer ist es eine Herausforderung, immer auf aktuellem Stand zu sein. Durch regelmäßige Weiterbildungen, zum Beispiel über Verbände, könnte dies gewährleistet werden.

Der Einsatz von humanen Lösungen

Dem Umweltbundesamt sind bei der Schädlingsbekämpfung humane Lösungen wichtig, während Unternehmen den Fokus auf effiziente Lösungen legen. Daniel möchte von Thomas wissen, wie er diesen möglichen Konflikt bewertet. Als einen relevanten Faktor dabei sieht Thomas die oft fehlende Zeit, um humanitären Anforderungen gerecht zu werden. Das AIB bewertet auch nicht, ob ein Gift aus humanen Gesichtspunkten ‚in Ordnung‘ ist, sondern nur, ob es zugelassen ist oder nicht. Hier sieht er eher die Schädlingsbekämpfer in der Verantwortung.

Die Schädlingsbekämpfung im Jahr 2031

Im Rahmen der letzten Frage möchte Daniel mit Thomas in das Jahr 2031 reisen und von ihm wissen, wie er die Zukunft der Schädlingsbekämpfung in zehn Jahren sieht.

Die Digitalisierung bewertet Thomas als „unaufhaltsam“ und unerlässlich dafür, gesetzliche Rahmenbedingungen einzuhalten. Das Thema im Allgemeinen sieht er als so groß und weitreichend an, dass es dafür einen eigenen Talk braucht.

Thomas vermutet weitere spannende Entwicklungen im Bereich der biologischen Bekämpfung. Also zum Beispiel Wespen, die gegen Motten eingesetzt werden könnten. In Summe ein Bereich, in dem es noch viel Potential gibt. Auch die Standard-Geber sollten sich hierbei weiterentwickeln und neue Lösungen ermöglichen.

Was nach über einer Stunde Interview klar ist: Rund um den AIB-Standard und die Schädlingsbekämpfung gibt es viele spannende Themen, die sich in Bewegung befinden. Grund genug, dass Daniel und Thomas sich in 1-2 Jahren vielleicht nochmal zu einem Revival zusammenfinden, was beide abschließend vereinbaren.